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Hygiene-Audits für Bestatter – Pflicht oder Panikmache?

Ein Mitarbeiter fragt, ob er bei der nächsten Versorgung wirklich diese Einmalschürze tragen muss. Der Chef winkt ab – „Ist ja keiner krank.“ 
Zwei Wochen später meldet sich die Berufsgenossenschaft: Verdacht auf Hygieneverstoß.

So oder so ähnlich beginnt der Weg in die Haftung – auch in der Bestattungsbranche. Die meisten Betriebe haben zwar Desinfektionsmittel im Regal, aber keinen dokumentierten Ablaufplan. Und schon gar keine Gefährdungsbeurteilung. Dabei ist Letztere gesetzlich vorgeschrieben – unabhängig davon, ob man täglich oder nur selten mit infektiösen Leichnamen zu tun hat, sobald Tätigkeiten mit potenziellem Kontakt zu biologischen Arbeitsstoffen im Sinne der Biostoffverordnung durchgeführt werden.

Was ist gesetzlich gefordert?

Sobald Beschäftigte Tätigkeiten im Rahmen der Versorgung, Umlagerung oder Reinigung von Verstorbenen durchführen, kann ein Kontakt mit potenziell infektiösem Material nicht ausgeschlossen werden. Und genau ab diesem Punkt greifen gesetzliche Vorschriften:

– § 5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG): Pflicht zur Gefährdungsbeurteilung
– § 4 Biostoffverordnung (BioStoffV): Gefährdungsanalyse bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen
– TRBA 250: Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen

Diese Regelwerke gelten nicht nur für Krankenhäuser, sondern explizit auch für Bestattungsunternehmen, sobald biologische Gefahrenstoffe eine Rolle spielen – was regelmäßig der Fall ist.

Erforderlich sind u. a.:
– eine schriftliche Gefährdungsbeurteilung
– ein hygienischer Ablaufplan mit Zuständigkeiten
– klare Vorgaben zu Persönlicher Schutzausrüstung (PSA) und Desinfektionsmitteln
– eine regelmäßige Unterweisung des Personals

Fremdvergabe schützt nicht vor Verantwortung

Viele Betriebe beauftragen externe Dienstleister oder Krematorien mit der hygienischen Versorgung der Verstorbenen – oft direkt im eigenen Haus. Der Gedanke dahinter: „Wenn die das machen, ist es auch deren Verantwortung.“

Das ist ein Irrtum.

Denn die Verantwortung für Arbeitsschutz und Hygiene bleibt beim eigenen Unternehmen – unabhängig davon, ob die Tätigkeit durch eigene Mitarbeitende oder durch externe Kräfte im Auftrag durchgeführt wird. Das ergibt sich klar aus § 13 ArbSchG: Die Verantwortung für sichere Arbeitsbedingungen ist nicht delegierbar, sondern bleibt beim Arbeitgeber.

Solange der Verstorbene unter der Obhut des Bestatters steht, ist auch der gesamte hygienische Rahmen – Räume, Ausstattung, Abläufe – Teil seiner unternehmerischen Verantwortung.

Was bringt ein Hygiene-Audit konkret?

Ein Hygiene-Audit ist keine Kontrolle, sondern eine Bestandsaufnahme des Ist-Zustands. Es dient dazu, typische Lücken oder Missverständnisse frühzeitig zu erkennen und praxisnah zu bewerten:

– Gibt es eine aktuelle Gefährdungsbeurteilung?
– Werden Desinfektionsmittel korrekt eingesetzt?
– Ist der Umgang mit PSA im Alltag realistisch umsetzbar?
– Gibt es Dokumentation zur Fahrzeug- oder Raumreinigung?

Ein Audit kann punktuell durchgeführt werden, z. B. bei personellen Veränderungen, bei Aufnahme neuer Dienstleistungen oder zur Vorbereitung auf externe Kontrollen (z. B. durch die BG oder das Gewerbeaufsichtsamt).

Drei Kontrollfragen für Geschäftsführer

  1. Liegt eine schriftliche Gefährdungsbeurteilung nach Biostoffverordnung vor?
    2. Wissen alle Mitarbeitenden, wie bei infektiösen Fällen korrekt vorzugehen ist?
    3. Gibt es dokumentierte, gelebte Abläufe zu Reinigung, PSA und Desinfektion?

    Wenn eine dieser Fragen nicht eindeutig mit „Ja“ beantwortet werden kann, besteht Handlungsbedarf – nicht aus Prinzip, sondern aus rechtlicher und betrieblicher Notwendigkeit.

Fazit

Ein Hygiene-Audit ersetzt keine gesetzliche Pflicht – aber es hilft, diese im Betriebsalltag sinnvoll und rechtssicher umzusetzen. Wer seine eigenen Abläufe kennt, kann nicht nur Mitarbeiter und Dritte schützen, sondern auch vermeiden, bei einem Zwischenfall ohne klare Beweislage dazustehen.

Hinweis:

Dieser Blogbeitrag stellt keine Rechtsberatung dar, sondern dient der fachlichen Information für Bestattungsunternehmen. Alle Angaben nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr.