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Gelnägel im Verkauf? Warum gepflegt nicht gleich hygienisch ist

Bei einem Audit in einer Bäckereifiliale lief zunächst alles nach Plan: Die Abläufe wirkten geordnet, Kühltemperaturen waren dokumentiert, der Verkaufsbereich sauber. Doch dann sprach ich eine Mitarbeiterin an, die gerade mit bloßen Händen Semmeln belegte – mit auffällig modellierten Gelnägeln, farblich lackiert. Ihre Antwort kam prompt:
„Des san Gel-Nägel, da passiert nix.“

Ein Trugschluss, dem ich regelmäßig begegne.

Was viele unterschätzen:

Lackierte, künstliche oder modellierte Nägel sind im direkten Umgang mit offenen Lebensmitteln ein hygienisches Risiko. Und zwar unabhängig davon, wie gepflegt sie erscheinen. Drei Punkte sind dabei entscheidend:

  1. Fremdkörpergefahr:
    Gelnägel, Acrylnägel oder Nagelverzierungen können sich lösen oder abbrechen. Gelangt ein Teil davon ins Produkt, ist das nicht nur unappetitlich – es erfüllt den Tatbestand der Kontamination.
  2. Keimreservoir unter der Oberfläche:
    Lackierte oder modellierte Nägel können Mikroorganismen beherbergen, die sich beim Händewaschen oder Desinfizieren nicht zuverlässig entfernen lassen. Unter Gel, an Rissen oder im Bereich der Nagelränder sammeln sich Keime – unsichtbar, aber wirksam.
  3. Risiko bei der Handschuhnutzung:
    Längere Nägel – ob natürlich oder künstlich – erhöhen das Risiko, dass Einmalhandschuhe einreißen oder perforieren. Damit wird die Schutzwirkung untergraben, die das HACCP-Konzept vorsieht.

Die geltenden Hygieneregeln?

Sie sprechen eine klare Sprache – auch wenn kein Gesetz explizit von „Gelnägeln“ spricht. Die Anforderungen der Lebensmittelhygiene-Verordnung (LMHV), der EG-Verordnung 852/2004 (HACCP) und die DIN 10514 verpflichten zu hygienischem Verhalten bei der Verarbeitung offener Lebensmittel. Dazu gehört auch:

Fingernägel müssen kurz, sauber und frei von Lacken oder künstlichen Auflagen sein.

Diese Forderung ergibt sich aus dem Grundsatz der Risikominimierung. Sie dient nicht der Optik, sondern dem Schutz der Kunden.

Und was droht bei Verstößen?

Hygieneverstöße wie das Tragen von lackierten oder künstlichen Nägeln können bei amtlichen Kontrollen als Ordnungswidrigkeit eingestuft werden. In der Praxis liegt der Bußgeldrahmen zwischen 35 € und über 100 € pro Person, abhängig von Gefährdung und Kontrollsituation.

Wird im Betrieb regelmäßig geschult und dokumentiert – wie es die jährlichen Hygieneschulungen verlangen – kann bei einem wiederholten oder offensichtlichen Verstoß sogar Vorsatz unterstellt werden. Dann drohen:

  • höhere Bußgelder,
  • arbeitsrechtliche Konsequenzen (Abmahnung, Kündigung),
  • und in gravierenden Fällen zivilrechtliche oder sogar strafrechtliche Folgen – etwa bei nachgewiesener Kontamination mit Gesundheitsgefahr.

Fazit:

Wer mit offenen Lebensmitteln arbeitet, trägt Verantwortung. Gelnägel, Nagellack und ähnliche Auflagen haben im direkten Umgang mit Lebensmitteln nichts zu suchen – egal wie gepflegt sie aussehen.
Hygiene ist kein Modetrend. Sondern Pflicht.